Birdrace 2024

 

Gut vorbereitet werden Ferngläser und Spektiv, Wechselsachen und Proviant bereits am Vortag zusammengesucht und im Auto verstaut. Voller Vorfreude wird der Wecker auf 3 Uhr morgens gestellt. Das sehr frühe Aufstehen, das sonst für die meisten eher abschreckend wirkt, fällt an diesem Tag erstaunlich leicht. Dies hat einen Grund... es ist wieder Birdrace!

Bereits vor Wochen wurde viel diskutiert und Pläne geschmiedet – wie ist es möglich, im Kreis Lippe innerhalb von 24 Stunden möglichst viele Vogelarten nachzuweisen? Welche Gebiete beheimaten besonders viele verschiedene Vogelarten, und wo sind die Chancen, auf seltene Arten zu treffen, am höchsten?

Der Wecker klingelt, es ist so weit: Ein spannender und lustiger Tag mit Freunden, die dieselbe Leidenschaft teilen, liegt vor uns. Noch bevor es richtig losgeht, ist beim Zähneputzen bereits ein Waldkauz durch das Badezimmerfenster zu hören – ein guter Start und die Gewissheit, dass sich das frühe Aufstehen schon gelohnt hat!

Der Treffpunkt in Bad Salzuflen mit den anderen Teammitgliedern der „Sommergrillhähnchen“ ist so gewählt, dass die Chancen dabei gut stehen den lieblichen Gesang der Nachtigall zu hören. Und tatsächlich, bereits aus dem Auto heraus ist sie laut und deutlich zu hören und gibt ein wahres Konzert zu besten. 

Um in den frühen Morgenstunden möglichst viele Singvogelarten zu finden, ist der Plan, die Weidekoppeln im Waldbeweidungsprojekt in Oerlinghausen aufzusuchen. Auf dem Weg dorthin halten wir an einem alten Hof und legen uns leise auf die Lauer, als nach einiger Zeit plötzlich ein Schatten über den nächtlichen Himmel huscht. War das die Schleiereule, die wir suchen? Ruhig verharren wir, es ist nichts zu hören, dann plötzlich eine Bewegung oben auf dem Scheunendach – die Schleiereule! Die Freude über die Beobachtung ist groß und hilft die letzte Müdigkeit zu vertreiben.

In der Wistinghauser Senne angekommen, horchen wir gespannt in die morgendliche Dämmerung hinein, aber weder das monotone Surren des Ziegenmelkers noch der Ruf des Uhus sind zu hören. Doch mit Beginn der blauen Stunde beginnt nach und nach das morgendliche Vogelkonzert, und die Artenliste füllt sich schnell. Wir genießen die frühmorgendliche Stimmung und die ersten Sonnenstrahlen, als sich plötzlich ein kleiner Vogel auf einem Brombeerbusch niederlässt... ein Neuntöter, der nur wenige Sekunden später wieder verschwindet. Damit hatten wir nicht gerechnet, schließlich kommt der Neuntöter meist erst Mitte Mai aus seinem Winterquartier zurück. 

Da wir die für die Senne typischen Vogelarten wie Heidelerche, Gartenrotschwanz, Trauerschnäpper und Baumpieper bereits auf unserer Liste haben, überlegen wir, welche Vogelarten uns für dieses Gebiet noch „fehlen“. Wir sind uns einig, Fichtenkreuzschnabel und Haubenmeise wären jetzt toll…wie bestellt lassen sich in den Kronen der Waldkiefern kurze Zeit später drei Fichtenkreuzschnäbel und eine Haubenmeise beobachten! Perfekt!!! 

Zurück am Auto starten wir zufrieden in die Frühstückspause. Wirklich dazu kommen wir jedoch nicht, plötzlich sind Rufe zu hören die an eine Laserpistole aus einem Science-Fiction-Film erinnern. Tatsächlich, ein Wendehals macht lautstark auf sich aufmerksam und sorgt so für ein unvergessliches Erlebnis.

Wir wechseln den Standort und treffen zufällig die Teammitglieder der „Lippe Pieper“ am Segelflugplatz in Oerlinghausen. Nach einem kurzen Austausch und Fachsimpeleien können gemeinsam Schwarzkehlchen, Steinschmätzer und Braunkehlchen beobachtet werden.

Wir verlassen die Senne und machen uns auf den Weg zu den Zuckerteichen in Lage in der Hoffnung, einige „Schilfvögel“ und Limikolen zu finden. „Hier können wir mit Glück Feldsperling und Blaukehlchen finden“, höre ich mich sagen, als meine Frau auf einen kleinen Vogel auf dem Zaun deutet. Wie bestellt sitzt dort tatsächlich ein Feldsperling!

Die Freude ist riesig, früher noch ein weit verbreiteter Allerweltsvogel, ist der Feldsperling mittlerweile auch im Kreis Lippe selten geworden.

Euphorisiert von der Beobachtung des Feldsperlings gehen wir einige Meter weiter und beginnen, über das Blaukehlchen zu philosophieren. Wissend, dass eine Beobachtung in dem unübersichtlichen Schilfbestand äußerst schwierig wird, teile ich den anderen mit: „Das Blaukehlchen wurde dieses Jahr mehrfach beobachtet, wie es auf einem der Wasserrohre sitzend singt.“ Kaum wurde der Satz ausgesprochen, setzt sich ein Vogel direkt vorne auf das Wasserrohr. Das ist doch wohl nicht etwa… schnell wird das Spektiv aufgebaut und wirklich, da sitzt ein Blaukehlchen und singt in aller Ruhe von seiner Singwarte. Unglaublich, es ist für uns alle das erste lippische Blaukehlchen überhaupt!

Mit diesem tollen Erlebnis machen wir uns auf den Weg zu den Abgrabungsgewässern der Weseraue, um Möwen und andere Wasservögel zu suchen. Mit dem Spektiv werden die Ufer, Inseln und Kiesbänke abgesucht. Wir finden insgesamt sechs verschiedene Möwenarten, unter denen sich sogar eine Zwergmöwe befindet! Diese ist in Lippe nur äußerst selten zu beobachten und hat sich genau den richtigen Tag für eine Stippvisite in Lippe ausgesucht. Leider waren kaum Enten auf den Gewässern, sodass wir hier keine neuen Arten für unsere Liste verbuchen konnten. Während wir die Ufer nach rastenden Limikolen absuchen, schallt es auf einmal: „Adler, Adler, Adler!“ Alle Augen richten sich gen Himmel und bestaunen einen Seeadler, der für kurze Zeit direkt über unseren Köpfen kreist, bevor er wieder verschwindet.

Mit 107 Arten verlassen wir die Weseraue und machen eine Bestandsaufnahme. Es „fehlen“ noch einige Arten, die wir eigentlich fest eingeplant hatten, aber so ist es in jedem Jahr! Scheinbar häufige Arten, oder sichere Reviere erweisen sich als harte Nuss und zeigen sich nicht. So auch dieses Jahr – es fehlt mal wieder ein Gimpel!

Da es noch nicht allzu spät ist, beschließt ein Teil des Teams weiterzumachen, was sich noch auszahlen sollte. So gelingen vor der eigenen Haustür tatsächlich noch die Nachweise eines Gimpels und sogar einer Schwanzmeise, an der wir uns in den Jahren zuvor schon oft die Zähne ausgebissen haben. Ein abschließender Ausflug über den Truppenübungsplatz und eine abendliche Wanderung durch den Teutoburger Wald bleiben ohne weitere Arten, sodass ein aufregender und kurzweiliger Tag gegen 23 Uhr mit insgesamt 113 Vogelarten zu Ende geht.

 

Insgesamt konnten die Teams “Die Uhulogen, Lippe PieperSommergrillhähnchen, Die Kolkrabis, Drahtschwalbe" beeindruckende 128 Vogelarten an diesem tag in Lippe nachweisen!

Nach dem Birdrace ist vor dem Birdrace – die „Vorbereitungen“ und die Vorfreude auf das nächste Jahr sind bereits jetzt spürbar.

 

Möchten Sie auch gerne beim nächsten Birdrace teilnehmen, finden Sie weitere Informationen auf der Homepage des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten (DDA).

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